Paradox Nahrungsmittel und Verbraucher

Um gut und vor allem gesund zu essen, müssen wir die Kluft zwischen der Lebensmittelindustrie und dem bewusst speisenden Verbraucher schließen. Schließlich steht unsere Beziehung zu Nahrungsmitteln noch immer im Vordergrund.

Genügen wir diesem Prinzip nicht, dann verlieren wir unsere Identität.
Wir konsumieren zwar vernünftig und streben nach einem vitalen und längeren Leben, sollten uns jedoch stärker um einen natürlichen Lebensstil bemühen und damit empfänglicher sein für unsere Verbundenheit mit dem Nahrungswald. Nahrungswälder heißen uns mit ihrer Gastlichkeit willkommen. Wir dürfen dort selbst gärtnern und Pflanzen ziehen, pflegen, ernten und die angebotenen Früchte genießen. Die Zuneigung für den Nahrungswald wird nicht ausbleiben.

Mit einem bewussteren Verhalten werden wir lernen einzusehen, weshalb Snacks – auch nicht als rituelles Abendessen – uns unsere Gesundheit kosten können.

Ein gejagter Mensch nimmt sich immer weniger Zeit für das Essen. Im schlimmsten Fall führt dies zur geistigen Entfremdung. Außerdem läuft er Gefahr, abhängig zu werden von einer immer kleiner Schar von Marktparteien und von der Lebensmittelindustrie […] Dies hat mittlerweile zu einer kognitiven, normativen und expressiven Entfremdung geführt. Das heißt, dass wir nicht mehr wissen, was gesund  ist und wie industrielle Lebensmittel zu einer Komatisierung der Geschmacksnerven führt.
(Quelle: Korthals, ‘Goed essen‘ S. 32, 353, 363)

Zeitersparnis
Der Mensch ist zum Menschen geworden, weil er die Zeit, die er für die Erzeugung von Lebensmitteln (und deren Verzehr) benötigt, ständig reduziert hat. Damit wird er in die Lage versetzt, sich immer weiter von der Nahrungsmittelproduktion zu entfernen und deren Bedeutung zu ignorieren. Diese Zeitersparnis beim Sammeln, Herstellen und beim Verzehr von Nahrungsmitteln hat den Nachteil, dass sich Menschen von ihren Nahrungsmitteln und damit auch vom Lieferanten Erde entfremden. Sie sind von einer immer geringer werdenden Gruppe von Nahrungsmittelexperten stets abhängiger geworden.

Dieser Schritt nach vorne bedeutet für den Einzelnen einen Rückschritt, wenn er kaum noch in der Lage ist, die für seine Ernährung erforderlichen Fertigkeiten selbst zu entwickeln.

Dass die Zunahme von Freiheit zu mehr Abhängigkeit führt, ist eines der wichtigsten Paradoxe von Agrarwirtschaft, Nahrungsmitteln und Konsum. Wenn diese Evolution sich so weiterentwickelt, sind Menschen vielleicht demnächst sogar bereit, Non-Food-Produkte zu essen. Es sei denn, wir kritischen Verbraucher stecken dem gemeinsam mit der Stiftung Food of Woods ein ‚Stöckchen‘ vor. Denn natürlich werden wir auch weiterhin gut essen.

Quelle: Korthals, ‘Goed eten